Riffian der Wallfahrtsort
Im kirchlichen Leben des Burggrafenamtes spielt Riffian als Wallfahrtsort seit jeher eine bedeutende Rolle.
Das Alter des Gnadenbildes in der Pfarrkirche, einer Stuckskulptur, die ein Pietà darstellt, die Legende um
die Auffindung des Gnadenbildes im Bachschutt der Passer, die Lieblichkeit des Wallfahrtsortes selbst, all das mag
dazu beitragen, daß die Wallfahrt zur Schmerzhaften Mutter Gottes von Riffian heute noch lebendig ist.
Dazu kommt die staunende Bewunderung der Wallfahrer für das ehrwürdige Kirchlein Unsere Liebe Frau am Friedhof
neben der Pfarrkirche. Die schön und aussichtsreich oberhalb des Dorfes gelegene Pfarrkirche ist der Schmerzhaften
Mutter Gottes geweiht und wird 1310 erstmals erwähnt. Aus dem Jahre 1368 wird von einer neuen Weihe der Kirche berichtet.
Mitte des 15. Jh. wurde die Kirche gänzlich umgebaut und endlich 1671, dem Zuge und Geschmack der Zeit folgend, der
gotische Bau in Barockstil umgemodelt. Die Barockaltäre stammen aus dem 18. Jh. , fast die ganze übrige Inneneinrichtung
gehört ebenfalls dieser Stilepoche an. Vom Baukörper des 15. Jh. rührt nur noch der untere Teil des klotzigen, freistehenden,
nicht sehr hohen, aber 8 m im Geviert messenden Turmes her, dem erst später Glockenstube und Zwiebelhaube aufgesetzt wurden.
Von kunsthistorischem Interesse ist der Taufstein aus der Zeit um 1400, eine marmorne Schale mit Strickornament
und Skulpturen (Adam, Eva, eine Frau und zwei Männer mit Löwen); ferner der Grabstein des Bischofs Beatus a Porta
von Chur, der 1590 als Pfarrer von Tirol gestorben ist. Der Grabstein trägt ein interessantes Epitaph. Der Bischof
war vor dem Aufruhr der protestantischen Bündner geflüchtet, resignierte und verbrachte eineinhalb Jahrzehnte im Exil
in Südtirol, das ja bis zur Grenze an der Passer zu seiner Diözese gehörte.
Von besonders großem künstlerischen und kunsthistorischen Interesse ist das benachbarte Kirchlein Unsere
Liebe Frau am Friedhof, ein zweigeschossiger, viereckiger Bau aus der Zeit um 1400 (nach Weingartner).
Da diese Kapelle seinerzeit eigens für die Bewahrung und Verehrung des Gnadenbildes erbaut wurde, sei die
Legende um dessen Auffindung kurz erwähnt.
Ein Bauer bemerkte mehrmals im Talgrund der Passer nachts ein flimmerndes Lichtlein. Zusammen
mit anderen Bauern wollte er diese Erscheinung klären. Dabei fand man im Bachschutt der Passer
das Bild der Schmerzhaften Mutter Gottes. Den Riffianern erschien dies als ein Zeichen des Himmels
und man beschloss nahe der Fundstelle eine Kapelle für das Gnadenbild zu bauen. Doch schon bei den
Vorbereitungsarbeiten verletzten sich die Zimmerleute immer wieder und Vögel trugen die blutbefleckten
Späne zum Friedhof nahe der Pfarrkirche und ließen sie dort fallen. Nun wußte man genau, wo man die
Kapelle für das Gnadenbild zu erbauen hatte. Dieser Vorfall wird auch von der Entstehung anderer
Wallfahrtskirchen erzählt.
Historisch wird das Gnadenbild von Riffian erstmals im Jahre 1420 erwähnt, doch dabei schon als
"uralt" bezeichnet. Die Verehrung der Schmerzhaften Mutter Gottes und das Wallfahren zum Gnadenbild
scheint damals schon sehr bald aufgekommen zu sein. Denn wohl nur in diesem Zusammenhang kann der
einzigartige Freskenschmuck in diesem bescheidenen Kirchlein erklärt werden. Diese prachtvollen,
hochgotischen Fresken wurden in der Pestzeit mit blauer Tünche überzogen und erst zu Beginn unseres
Jahrhunderts (1908) wieder freigelegt.
Das ganze Innere der Kapelle zeigt streng einheitliche Ausmalung. Mit kühner und meisterhafter
Komposition sind die verschiedensten Motive an den einzelnen Wänden und am Gewölbe verteilt.
Vom Gewölbe blicken die Evangelisten und Kirchenväter herunter, Gott Vater zwischen musizierenden
Englein ist an der Altarwand dargestellt, dann das Goldene Kalb und der Mannaregen, an den Seitenwänden
findet sich oben das Pfingstfest (oder der zwölfjährige Jesus im Tempel) und die Auffindung des Heiligen
Kreuzes, in den breiten Wandnischen die Kreuztragung und die Flucht nach Ägypten, an der Eingangswand
schließlich die Anbetung der Könige mit zwei Einsiedlern. Sowohl Gewölberippen wie Wandnischen, das
schmale Fenster der Altarwand und die einzelnen Bilder sind mit reichen Bordüren eingefaßt, die auch
einzelne Brustbilder umrahmen. Auswahl und Zusammenstellung der Bilder sind ebenso ungewöhnlich wie
ihre hervorragende künstlerische Qualität. Lichtvolle Anmut strahlen die Engels- und Frauenköpfe aus,
prachtvoll wirkt die Kraft vieler Männergestalten, neben denen auch die Figuren voll höfischer Eleganz
zu finden sind. Scharf und plastisch wirken die Köpfe, und die Raumdarstellung ist für jene Zeit geradezu
fortschrittlich zu nennen. Besonders das Gemälde der Kreuzauffindung in einem Innenhof mit Loggien und Galerie
ist ein Meisterwerk der Raumdarstellung.
Nur ein hervorragender Künstler kann diese Werke geschaffen haben. Im Pfingstbild gewahrt man zwei Löwen mit Schriftband,
das den Künstler als "Magister wenclaus", also als Meister Wenzelaus ausweist. Es bestehen kaum mehr Zweifel, daß es sich
um Wenzelaus Sprengg, den böhmischen Hofmaler des Bischofs von Trient Georg von Liechtenstein handelt. Ihm wird auch das
vielbewunderte Wandbild im Turmdurchgang der Pfarrkirche von Meran zugeschrieben, ferner die Terraverde-Malereien im Schloß
Runkelstein bei Bozen und die berühmten "Monatsbilder" im Adlerturm des Kastells Buonconsiglio in Trient.
Die Wandgemälde in der Wallfahrtskapelle von Riffian nennt der bekannte Kunsthistoriker Südtirols, Probst Josef Weingartner,
eine "hervorragende Arbeit mit reicher Komposition, lebhaften Farben und schönen Köpfen".
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Kapelle für den Zustrom der Wallfahrer zu klein. Man verbrachte daher das Gnadenbild im Jahre
1743 auf den Hochaltar der Pfarrkirche. Die Erinnerung daran wird am Sonntag nach Martini (11. November) alljährlich als sogenanntes
Übersetzungsfest feierlich begangen.
Website Wallfahrtskirche Riffian: www.wallfahrtskirche.riffian.com
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